Aktuelle Anmerkung zur Aufregung um ein Auslaufmodell

„Keiner ist wirklich unnütz, er kann immer noch als schlechtes Beispiel dienen.“ Dieser eigentlich so zynisch anmutende Spruch, wird meist mit einem Augenzwinkern entschärft. Das soll auch hier...

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„Keiner ist wirklich unnütz, er kann immer noch als schlechtes Beispiel dienen.“ Dieser eigentlich so zynisch anmutende Spruch, wird meist mit einem Augenzwinkern entschärft. Das soll auch hier passieren. Denn in Bautzen gibt es zwar geteilte Meinungen über die Nutzung des „Spreehotels“ als Asylheim. Doch darüber, dass sich Peter Kilian Rausch ganz persönlich als ehemaliger Hotelbesitzer um die Betreuung von vielen der Spreestadt zugewiesenen Flüchtlinge sehr verdient gemacht hat, bestreitet kaum jemand. Dafür, dass er als „Aufmacher“ für einen umfangreichen Artikel der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ über die Auswüchse der Asylindustrie herhalten muss, kann er bestimmt nichts. Was dort über „Das Geschäft mit den Flüchtlingen“ geschrieben wird, hat eigentlich ganz andere Dimensionen, als der Fall des damals in finanziellen Nöten steckenden Hoteliers vom Bautzener Stadtrand, der die Gunst der Stunde nutzte. Und das kann man sehen, wie man will. Man sollte nur nicht zu blauäugig sein, Geschäft ist nun mal Geschäft, andererseits aber ebenso die rosarote Brille absetzen.

„Als Peter Kilian Rausch im Juli 2014 sein Hotel in eine Flüchtlingsunterkunft umwandelte, war er noch ein Exot. Rausch hatte eine europäische Ausschreibung gewonnen und sein Spreehotel in Bautzen für 350 000 Euro umgerüstet, damit es den Anforderungen genügte: einen hohen Zaun drum herum gebaut, eine Videoüberwachung eingerichtet. 250 Flüchtlinge wohnen seither hier. Tunesier, Syrer, Afghanen, Somalier – immer mal wieder wechseln sie. Rausch bekommt dafür je Person und Tag 13 Euro vom Landkreis.“ Das mache im Jahr mehr als eine Million Euro, die er, also Rausch, verdient habe, rechnet die „FAZ“ vor. Das ist nicht wenig Geld, möchte man meinen, doch es sind nur wenige Krümel vom ganzen Kuchen; da beißen andere viel größere Stücke ab. Aber Peter Kilian Rausch gibt ohne Umschweife zu: „Für mich hat es sich wirtschaftlich gelohnt.“ Und er ergänzt: „Ich bin aus der Talsohle heraus“, nicht ohne jedoch anzumerken: „Aber ich bekomme das Geld auch nicht geschenkt.“

Was sind außerdem einige Millionen, wenn es um Milliarden geht. Der eingangs verlinkte Artikel der „FAZ“ ist sehr detailreich und fundiert. Die Nutzung von unrentablen Hotels zur Unterbringung von Flüchtlingen ist nur ein Punkt unter vielen. Wohlfahrtsverbände kassieren ab, die Bauindustrie verdient daran, auch Versorgungsunternehmen und Sicherheitsdienste machen ihren Schnitt, die gesundheitliche Betreuung will bezahlt werden, jeder Sprachkurs, jede Umschulung kostet. Das kann natürlich gar nicht anders sein. Aber muss es sein, dass aus Notlagen, Engpässen und Überforderung dermaßen Kapital geschlagen wird? „Und es hört nicht auf“, warnt die „FAZ“. Und für die Bürger werde es immer teurer.

Mit dem Engagement in Bautzen hat Peter Kilian Rausch ein gutes Geschäft gemacht, das gibt er ohne Umschweife zu. Und der Insider weiß auch, dass heutzutage sogar noch mehr drin ist. In der „FAZ“ erklärt er: „Heute muss keiner mehr an einer europaweiten Ausschreibung teilnehmen oder Geld für Sicherheitsmaßnahmen ausgeben. Wenn man eine Immobilie hat, die sich eignet, ruft man einmal an der richtigen Stelle an, und zack hat man den Auftrag.“ Auch er könnte nun wohl mehr verlangen, als er es damals tat, und spricht sogar vom doppelten Preis. Aber das wolle er gar nicht. „Das finde ich zutiefst unmoralisch“, sagt Rauch. „Wenn ich das verlangen würde, könnte ich mich nach einem Jahr zur Ruhe setzen.“

Inzwischen sind das reine Gedankenspiele. Das „Spreehotel“ wird zur Unterbringung von Flüchtlingen nicht mehr benötigt. Nur noch wenige Zimmer sind dort belegt. Von der Stadt Bautzen gibt es deshalb auch nicht den erhofften Zuschuss von 25 000 Euro. Der Stadtrat hat anders entschieden.

PS: Wenn es für das „Spreehotel“ beim Unterhalt bis zur geplanten Schließung am Jahresende finanziell eng werden sollte, könnten eventuell Geldspenden helfen. Die Zahl der Willkommen-Freunde in Bautzen soll ja groß sein und alle sind doch so engagiert, das liest man immer wieder. Auch wenn der Vergleich sicher etwas aus dem Gleise läuft: Die Freunde der alten Dampflok am Bahnhof haben es seinerzeit geschafft, das Geld für deren Erhalt und Umsetzung aufzubringen. Von 45 000 Euro war die Rede. Schon wesentlich weniger wäre sehr viel für das einstige Flüchtlingsheim. Die Sache selbst in die Hand zu nehmen, ist allemal besser, als weiterhin kommunales Geld oder staatliche Unterstützung zu fordern. Um beim gewählten Vergleich zu bleiben: Dieser Zug ist abgefahren.

Hans-Georg Prause

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