Viel Aufregung um ein Auslaufmodell

„Geld ist nicht alles, aber viel Geld ist schon was.“ Das gab einst der irische Dichter George Bernhard Shaw zu bedenken. Und weil 25 000 Euro nicht wenig...

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„Geld ist nicht alles, aber viel Geld ist schon was.“ Das gab einst der irische Dichter George Bernhard Shaw zu bedenken. Und weil 25 000 Euro nicht wenig sind, machten sich Bautzener Stadträte im Finanzausschuss so ihre Gedanken über die Auszahlung dieser Summe. Soll man so viel Geld – zudem kein eigenes, sondern letztlich das der Bürger – wirklich noch in ein Projekt stecken, das ein Auslaufmodell ist? Rein sachlich gesehen, ist es Unsinn. Doch die Sachlichkeit bleibt zuerst auf der Strecke, wenn es um die Frage Migration und Integration geht. Und darum geht es beim Spreehotel, dem ehemaligen Asylheim in Burk. Deshalb bezeichnet der SPD-Fraktionschef Roland Fleischer das Verhalten einiger seiner Stadtrat-Kollegen recht unschön in aller Öffentlichkeit als „schäbig“. Zudem seien durch sie „Ressentiments gegen Ausländer“ gestärkt worden. Mit solchen Vorwürfen ist man in Bautzen schnell bei der Hand. Bereits im Frühjahr war das der Fall, als der Vize-Landrat Udo Witschas (CDU) die Verwendung von beachtlichen Fördergeldern ausschließlich für drei Integrationsobjekte kritisierte. Seitens der SPD hieß es schon damals, das sei „rechtslastig und nah an der Fremdenfeindlichkeit“.

Doch zurück nach Burk. Eigentlich wurde diese Unterkunft bereits im Sommer nicht mehr benötigt. Der Landkreis Bautzen und der Freistaat Sachsen akzeptierten und finanzierten trotzdem eine Weiterführung des Objektes. Auch wenn sich der dafür gefundene Name „Integrationszentrum“ mächtig gewaltig anhört – dessen Funktion als Übergangswohnheim war von Anfang an zeitlich begrenzt bis Ende dieses Jahres. Nur wollte manch einer das nicht wahr haben. Im aktuellen SZ-Gespräch sagte z.B. der Betreiber Peter-Kilian Rausch, das Integrationszentrum sollte erst einmal bis Ende des Jahres bestehen. Wieso „erst einmal“? Oder es wurde nicht verstanden, wie „Übergang“ zu verstehen ist. Anstatt die dort verbliebenen Bewohner anderswo  unterzubringen, wollte die Stadtverwaltung jetzt zusätzlich weitere 25 000 Euro in das Heim investieren. Hätte man dieses Geld nicht auch für die Vermittlung von stadteigenen Wohnungen nutzen können? Genug leerstehenden Wohnraum gibt es doch sicherlich bei der Wohnungsbaugesellschaft BWB. Die anerkannten Flüchtlinge beziehen Hartz IV, die Miete würde also bezahlt werden. Das wäre zum beiderseitigen Gewinn. Aber vielleicht sollten die hinlänglich bekannten Probleme bei der Integration ganz bewusst am Stadtrand ausgelagert bleiben.

Jedenfalls kann man Geld erst dann ausgeben, wenn man es hat. Doch dafür fehlt nun die mehrheitliche Zustimmung im Finanzausschuss; die Vertreter von CDU und Bürgerbündnis waren dagegen. Ihrer Meinung nach sei die Finanzierung in sich nicht schlüssig und außerdem zu allererst der Landkreis zuständig. Was wiederum zu der oben zitierten bösen Kollegenschelte führte. Noch etwas dramatischer wurde, zumindest laut einem MDR-Bericht, Peter-Kilian Rausch: „Das ist ein Dolchstoß.“ Eine etwas unglückliche Wortwahl. Es wird doch nicht etwa an einer neuen Legende gestrickt? Roland Fleischer schwärmte bereits von einem Heim, „das mit menschlichen Antlitz geführt wurde“. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, müsste die ganz Geschichte dann aber im Jahr 2014 beginnen. Als es heftige Burker Bürgerproteste gegen ein Asylheim im Naherholungsgebiet gab. Und als der damalige Bautzener Stadtrat sich durchaus uneins in der Frage war, ob das dort überaus statthaft sei. Es musste dann sogar der Bebauungsplan dafür angepasst werden.

Doch wer die gegenwärtige Kommunalpolitik etwas verfolgt hat, den überraschte das aktuelle Veto im Finanzausschuss nicht. Vieles fängt ja klein an. Es ist noch nicht lange her, da sollte der Bautzener Stadtrat über die Verteilung von vergleichsweise bescheidenen 6500 Euro an soziale Projekte entscheiden. Die schlichte Frage „An wen?“ wurde zum Problem. Denn dass z.B. das Diakonische Werk nur 500 Euro, ein Projekt für Migranten aber die zehnfache Summe erhalten sollte, konnte nicht diskussionslos durchgewinkt werden. Zumal das „House of Resources“ (wer denkt sich nur diese Namen aus!) fast komplett vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gefördert wird. Dafür extra noch Geld zu geben, wäre wie Wasser in die Spree schütten. Träger des Projektes ist der Verein „Willkommen in Bautzen e.V“. Ach ja, und dessen Sprachmittler sollten übrigens außerdem noch 1000 Euro erhalten. Lag also CDU-Stadtrat Heiner Schleppers falsch mit seiner Warnung, es könne so der Eindruck entstehen, dass wohl nur Flüchtlingsinitiativen unterstützt werden? Nun, wenn er es so formuliert haben sollte, wie es in der lokalen SZ nachzulesen war, dann hat er sich sehr zurückhaltend ausgedrückt. Für den nach eigenen Worten „entsetzten“ Oberbürgermeister Alexander Ahrens (SPD) war aber selbst das zu viel. Polemisch stellte er den nur offen seine Meinung sagenden, demokratisch gewählten Stadtrat in die braune Ecke. Was ihm dieser verdienstvolle Bautzener Bürger allerdings nicht durchgehen ließ. Letztlich kam der OB um eine Entschuldigung nicht herum.

Ach so, das Geld wurde dann doch wie beantragt verteilt. Vielleicht ja nur, weil es laut OB um „eine lächerliche Summe“ ging. Nun auch noch 25 000 Euro für das Integrationszentrum Spreehotel auszuzahlen, fanden die Stadträte von CDU und Bürgerbündnis im Finanzausschuss jedoch ganz und gar nicht mehr zum Lachen. Und den Befürwortern verging es. Denn ein Patt gegen die Stimmen von Linke, SPD und OB reichte für die Ablehnung dieser zusätzlichen Finanzierung einer faktisch bereits abgeschriebenen Einrichtung.

Für Oberbürgermeister Ahrens war das bereits die zweite Niederlage innerhalb weniger Tage. Mit den Stimmen der Vertreter von CDU und FDP wurde er kurz zuvor als Vorsitzender des Aufsichtsrates der der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft (BWB) abgewählt. Das hatte nichts mit Migranten und Integration zu tun, wohl aber mit dem innerstädtischen Bauen, Stichwort Krone- und Lauen-Areal. Um es auf einen einfachen Nenner zu bringen: Dort tat sich bislang wenig bis nichts. Stattdessen arbeitete OB Ahrens an der Optimierung seines privaten Immobilien-Portfolio. Trotzdem beklagte die SPD, sprich Roland Fleischer, „einen Tabubruch“. Als ob solche Aufsichtsrat-Posten die Erbhöfe des jeweils amtierenden OBs wären! Weil aber nun mit Matthias Knaak ein CDU-Mann künftig dessen Stelle einnehmen wird, versuchte man sich ein wenig in Sachen Verschwörungstheorie. Das alles sei doch nur eine Art späte Revanche der Unterlegenen der OB-Wahl.

Da mag vielleicht sogar etwas dran sein. Erinnern wir uns: Sowohl Knaak wie auch Mike Hauschild (FDP) wurden 2015 in der Stichwahl dank der Stimmen der Mehrheit der Bautzener von einem parteilosen Bewerber namens Ahrens auf die Plätze verwiesen. Darauf, dass dieser dann mit etwas zeitlichem Abstand verkündete, rein gefühlsmäßig schon immer Sozialdemokrat gewesen zu sein, macht sich inzwischen so mancher seinen ganz eigenen Reim. Nun, grau ist bekanntlich alle Theorie. Inzwischen wenden sich selbst ehemalige Unterstützer wie das Bürgerbündnis von „ihrem“ OB ab. So bröckeln nach und nach die bequemen Mehrheiten. Gute Worte sind wohlfeil zu haben. Doch beim Geld hört bekanntlich der Spaß auf.

Hans-Georg Prause

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Leserbriefe

Hat der OB hat seine Kompetenz überschritten?

Warum redet keiner über die URSACHE des neuen Ärgernisses für unsere Stadt? Wenn sich Herr Rausch auf “ … eine klare Vereinbarung … auf … Zuschuß von der Stadt.“ verlassen hat, frage ich: WER hat denn WANN diese Vereinbarung auf welcher Grundlage getroffen, wenn der Finanzausschuß erst jetzt darüber abstimmen sollte? War es Herr Oberbürgermeister Ahrens Kraft seiner „repräsentativen Position“, auf die er sich so gern beruft? Wenn `ja`, hat er damit nicht seine Kompetenz überschritten? Und dann wäre er es, der mit seiner Eigenmächtigkeit diese Situation erst heraufbeschworen hat!!!

Bis dieser Sachverhalt geklärt ist, sollte sich Herr Fleischer von der SPD verkneifen, die Sichtweise der Stadträte als „schäbig“ zu bezeichnen, denn vielleicht stellt sich ja tatsächlich heraus, daß das Debakel durch die Selbstüberschätzung seines Parteigenossen OB Ahrens hervorgerufen wurde!

Andreas Thronicker

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