Die Historie der Apotheke am Markt in Bischofswerda

Bischofswerda. (B.M.) Gut gefüllt war die Stadtbibliothek in Bischofswerda in der Dresdner Straße 1 am Abend des 16. März, als der Inhaber der Stadtapotheke, Rainer Klotsche, einen Vortrag...

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Bischofswerda. (B.M.) Gut gefüllt war die Stadtbibliothek in Bischofswerda in der Dresdner Straße 1 am Abend des 16. März, als der Inhaber der Stadtapotheke, Rainer Klotsche, einen Vortrag über die Geschichte seiner Apotheke hielt. Seine gleich zu Anfang aufgestellte These, dass die Geschichte der Apotheke auch die Geschichte von Bischofswerda ist, zog sich wie ein roter Faden durch den ganzen Abend. Spätestens seit dem 13. Jahrhundert, als in den „Constitutiones medicinales“ der deutsche König und römische Kaiser Friedrich II. (1194-1250) die Trennung der Heilmittelkunde von der Heilkunde verfügt, entstehen in vielen deutschen Städten Apotheken. Die Apothecarii richten sich in Patrizier- oder Bürgerhäusern ein und bleiben oft über Jahrhunderte im selben Gebäude. Der griechische Begriff „Apotheca“ für Lagerraum, der bis dato nur im kirchlichen Sprachgebrauch verwendet wurde, setzt sich durch. Die erste heute noch bestehende Apotheke Europas wurde im Jahre 1241 in Trier eingerichtet. In Sachsen gilt die mit der Gründung der Leipziger Universität 1409 entstandene Löwenapotheke als die vermutlich älteste.

Es ist anzunehmen, dass es auch bald im 1076 von Bischof Benno von Meißen (1010-1106) zur Stadt erhobenen Werda einen Apotheker gegeben hat. Urkundlich erwähnt wurde ein solcher das erste Mal durch den Chronisten Christian Heckel. Danach soll der Apotheker Wolff in Bischofswerda eine Katze mit sechs Beinen, zwei Schwänzen und einem Kopf wie ein Mensch gehabt haben. Wahrscheinlich in Spiritus! Mehr als Absurditäten zu berichten gab es über den 1583 in Dresden geborenen Matthäus Fesser, der neben Apotheker auch Stadtrichter, Bürgermeister und Mäzen von Bischofswerda war. 1611 verfasste er eine Schrift „Pharmaca phylactica tempore pestis“, eine Abhandlung über Medikamente bei einer Pestepidemie. Eigentlich hieß er Fresser, aber Kaiser Rudolph II. (1552-1612) erlaubte ihm offiziell das R aus seinem Namen zu tilgen. Fesser ist mehrmals in den Annalen der Stadt Bischofswerda genannt. So wurde er 1639 während des Dreißigjährigen Krieges geschlagen und gefoltert, 1652 spendete er der Kirche eine Glocke und 1656 einen Taufstein. Außerdem war er Mitglied des Kirchenchores. Nach seinem Tod 1666 übernahm sein zweiter Sohn Johann Friedrich Fesser (1641-1703) die Apotheke. Der erbat sich 1681 vom Kurfürst Johann Georg III. (1647-1691) das Landesherrliche Privileg für die Apotheke, um sich vor den Wunderheilern und Quacksalbern zu schützen, welches ihm am 12. Mai 1683 auch erteilt wurde. 1699 wurde es von August dem Starken (1670-1733) neubeurkundet. Dieses Privileg mag als offizielles Dokument für den Beginn der Apotheke am Markt gelten.

Marktplatz in Bischofswerda mit Rathaus. Foto: BautzenerBote
Marktplatz in Bischofswerda mit Rathaus. Foto: BautzenerBote

Wie die ganze Stadt wurde auch die Apotheke über die Jahrhunderte in Mitleidenschaft gezogen. Beim großen Stadtbrand am 12. Mai 1813 brannte die Stadt bis auf drei Gebäude völlig nieder. Die Apotheke wird wieder aufgebaut und mehrmals restauriert. Das heutige Aussehen des Hauses am Markt geht weitgehend auf Ferdinand Hugo Röhrig zurück. 1907 hatte er den Antrag gestellt, die Apotheke in Stadtapotheke umzubenennen und das Stadtwappen führen zu dürfen. 1921 beauftragt Röhrig die Gaupe und die Ochsenaugen, die noch heute das Gebäude am Altmarkt 14 zieren. Die wunderschönen Kreuzgewölbe im Verkaufsraum fallen allerdings 1979 während der DDR-Zeit unsensiblen Umbauarbeiten zum Opfer. Am 1. Oktober 1990 übernimmt Johannes Rainer Klotsche die Stadtapotheke Bischofswerda und macht sie mit viel Eigenleistung wieder zu einem Schmuckstück. Der Apotheker ist sich des historischen Standorts bewusst und richtet Stück für Stück im Keller des Gebäudes ein Apothekenmuseum ein. Den Alchimistenkeller konnten schon viele Besucher besichtigen. Vor allem zum Tag der offenen Hinterhöfe, der 2012 nunmehr zum zwölften Mal in Folge am zweiten Sonntag im September stattfindet und dessen Initiator Klotsche ist. Eine Gelegenheit, für Alt und Jung aus nah und fern die Historie der Stadtapotheke zu Bischofswerda hautnah kennen zu lernen. Weitere Informationen unter www.stadtapo-biw.de.

Fotos: Birgit Matuschewski

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