Lasst die Innenstädte nicht sterben!

Nach der Lockdown-Verlängerung, die von einigen Lockerungen begleitet ist, äußern sich lokale Politiker und der Handwerkspräsident zur Situation. Bautzens Oberbürgermeister Alexander Ahrens erklärte in einer Pressemitteilung: „Die Verlängerung...

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Nach der Lockdown-Verlängerung, die von einigen Lockerungen begleitet ist, äußern sich lokale Politiker und der Handwerkspräsident zur Situation.

Bautzens Oberbürgermeister Alexander Ahrens erklärte in einer Pressemitteilung: „Die Verlängerung des Lockdowns ist vor allem für die Händler und Gastronomen eine wirtschaftliche Katastrophe. Sollte eine Öffnung von Handel und Gastronomie erst ab einer Inzidenz von unter 35 erlaubt werden, kommt dies einem Todesurteil für die Innenstädte gleich. Gesundheitsschutz und Bekämpfung der Pandemie sind wichtig. Gerade deshalb muss eine Abwägung von Lockerung und Lockdown stetig erfolgen. Regionen wie der Landkreis Bautzen mit einem hohen Altersdurchschnitt werden schon rein statistisch eine Inzidenz von unter 35 nicht vor dem Frühsommer erreichen können. Die meisten Studien weisen darauf hin, dass in Läden und Gastronomie bei Befolgung der Hygienekonzepte kaum Ansteckungsrisiken vorhanden sind. Die Pandemietreiber sind höchstwahrscheinlich die Schulen und private Zusammenkünfte. Es ist schlicht nicht mehr zu rechtfertigen, wenn in Lebensmittelfachgeschäften sich die Kunden stapeln, kleine Läden wie auf der Reichenstraße aber nicht öffnen dürfen. Der gesundheitliche Nutzen aus dem Lockdown wird überschattet von dem wirtschaftlichen Schaden, den die betroffenen Gewerbetreibenden nehmen.

OB Alexander Ahrens

Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie bedrohlich die Covid-Erkrankung sein kann. Es gilt, das Gesundheitssystem nicht zu überlasten. Aber ich habe große Sorge, dass wir in ein paar Jahren rückblickend sagen müssen, unverhältnismäßig und zum nachhaltigen Schaden mehrerer Branchen gehandelt und die Lebendigkeit der Innenstädte langfristig beschädigt zu haben. Es ist eine Abwägung und es ist nicht leicht, aber es darf nicht sein, das wir Menschenleben gegeneinander aufwiegen. Wir müssen unsere ältere Bevölkerung und alle Risikogruppen schützen. Aber für diesen Schutz Existenzen zu zerstören und nicht nachvollziehbare Richtwerte wie eine Inzidenz von unter 35 auszugeben, halte ich für den falschen Weg. Ich appelliere an die sächsische Regierung, die Gewerbetreibenden zu unterstützen. Lasst uns den Handel und die Gastronomie mit sicheren und guten Gesundheitskonzepten wieder öffnen – Jetzt!
Zudem appelliere ich an die Landesregierung, sich dafür einzusetzen, Schulöffnungen unter der Bedingung zu priorisieren, dass Lehrerinnen und Lehrern ebenso wie Erzieherinnen und Erziehern vorher Impfungen ermöglicht werden. Die mangelhafte Organisation der Impfungen, für welche die Landesregierung keine Verantwortung trifft, lässt uns als Gesellschaft Zeit verlieren, die wir nicht mehr haben!“

Zu den Einschränkungen des öffentlichen Lebens zwecks Eindämmung der Corona-Pandemie bis Mitte März 2021, erklärt der Präsident des Sächsischen Handwerkstages, Roland Ermer:

„Bei allem Verständnis für die Entscheidung der Politik, das Risiko eines erneuten Aufflammens des Corona-Infektionsgeschehens möglichst gering zu halten, machen wir Kleinst- und Kleinunternehmer aus Handwerk und Mittelstand uns ernsthaft Sorgen um die eigene Zukunft und die unserer Beschäftigten.

Was Sachsen speziell betrifft, kann ich nur bekräftigen, was führende Wirtschaftskapitäne aus Industrie und Handwerk in jüngster Zeit unserer Landesregierung ins Stammbuch geschrieben haben. Wir brauchen endlich einen Strategie-Fahrplan, verbindliche Antworten auf Fragen: Wie etwa soll das wirtschaftliche und öffentliche Leben langfristig wieder in normale Bahnen gelenkt werden? Was gedenkt der Freistaat wirtschaftspolitisch zu tun, um so viele unverschuldet in Not geratene Unternehmen wie möglich wirksam vor dem Ruin zu bewahren?

Die derzeitige Praxis im Regierungsviertel am Dresdner Elbufer, ab und zu laut über mögliche Szenarien einer Rückkehr in den Alltag nachzudenken, bringt uns nicht weiter. Mit professionellem Krisenmanagement hat diese Politik jedenfalls nichts zu tun. Es verstärkt eher die Ungewissheit ungezählter um ihr nacktes Überleben kämpfender Firmen, darunter vieler Friseure und Kosmetiker. Was bleibt, ist der Eindruck einer gewissen Hilfslosigkeit im Regierungsapparat.“

Frank Peschel
„Keine Normalität und Perspektive in Aussicht“

Frank Peschel, AfD-Landtagsabgeordneter: „Die Kritik an den Corona-Maßnahmen der Staatsregierung steigert sich täglich und das zu Recht. Ich erinnere an die Worte von Ministerpräsident Kretschmer vom 16.12.2020 im  Sächsischen Landtag. Da stellte er Lockerungen bei einem Inzidenzwert von 100 oder 150 in Aussicht.

Die Werte sind in Sachsen erreicht und trotzdem werden die Maßnahmen verlängert. Der wirtschaftliche Schaden durch den zweiten erzwungenen Lockdown ist nicht nur für den Einzelhandel immens, sondern auch zerstörerisch. Die Verantwortung dafür trägt ganz allein die Staatsregierung, die im Kampf gegen das Corona-Virus offenbar den Verlust von Arbeitsplätzen als akzeptablen Kollateralschaden hinnimmt. Der staatliche Eingriff verwandelte gesunde in notleidende Unternehmen!

Alleine 2020 verlor der sächsische Einzelhandel rund 1,7 Milliarden Euro an Umsatz.
Der ab diesem Monat mögliche Bestell- und Abholservice „Click & Collect“ wird den Einzelhandel nicht retten. Der stationäre Handel, Kunst- und Kulturbereich in der Oberlausitz, aber auch in ganz Sachsen, brauchen sofort eine wirtschaftliche Perspektive.

2021 werden zahlreiche stationäre Händler Insolvenz anmelden. Und viele der 120.000 Beschäftigten im Handel werden keinen neuen Job finden.
Das Gesicht unserer Innenstädte wird sich verändern, wie es einige Insolvenzen bereits andeuten. Um zu erhalten was noch zu erhalten ist, soll der gesamte Handel, Fahrschulen, Kunst- und Kulturbetriebe unter Einhaltung von Hygienevorschriften sofort wieder öffnen.

Wir brauchen schnellstens wieder gesunde Unternehmen die Gewinne erwirtschaften und Steuern zahlen. Überbrückungshilfen und Fördermittel in Milliardenhöhe sind keine dauerhaften Lösungen, sondern eine sehr teure Hypothek für die Zukunft.“

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