Lernen aus den Fehlern der Anderen?

Über die sozialen Netzwerke herzuziehen und gleich noch das Internet unter Generalverdacht zu stellen, das erfreut sich derzeit einer gewissen Beliebtheit. Als ob die sogenannten Hasskommentare oder die...

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Über die sozialen Netzwerke herzuziehen und gleich noch das Internet unter Generalverdacht zu stellen, das erfreut sich derzeit einer gewissen Beliebtheit. Als ob die sogenannten Hasskommentare oder die bösen Fake News dabei allgegenwärtig sind. Das darf man als eine (Vorsicht, Kalauer!) maaßlose Übertreibung bezeichnen. Wo sonst ist es den Bürgern möglich, so offen ihre Meinung zu sagen und mit ihrem Wissen zum Verständnis der Welt im Großen wie im Kleinen beizutragen. Was natürlich jenen nicht gefällt, die nur zu gern alles kontrollieren wollen. Gäbe es zum Beispiel die Facebook-Seite des Bautzener Boten nicht, könnte die BB-Kolumne vom 13. Juli  kaum um einen wichtigen Sachverhalt ergänzt werden, der übrigens jeden „Faktencheck“ bestehen dürfte. Die Quelle gehört zu den „Qualitätsmedien“.

Zur Erinnerung: Bei „Hausaufgaben nicht gemacht – nachsitzen!“ ging es um den akuten Lehrermangel in Sachsen und die vom Kultusministerium ausgerechnet in dieser prekären Situation ins Visier genommenen Regionalschulämter wie das in Bautzen. Dabei gleich eine Korrektur: Diese sollen zugunsten eines neuen Landesschulamtes nicht gänzlich abgeschafft, aber „abgespeckt“ bzw. „verschlankt“ werden, wie es in einem Artikel der „Freien Presse“ umschrieben wird. Ihre Kompetenzen werden beschnitten. Eben jener FP-Beitrag schließt mit dem Absatz, den „Klaus Bautzen“ als Kommentar zur jüngsten Kolumne auf die BB-Facebook-Seite stellte:

„In Hessen und in Brandenburg, wo ebenfalls Landesschulämter geschaffen wurden, sind sie inzwischen wieder abgewickelt. In beiden Bundesländern hatten diese zentralen „Mammutbehörden“ kaum zwei Jahre Bestand. Grund war überwiegend, dass es nicht gelungen sei, „zentrale und regionale Aktivitäten auf vermeintlich gleicher Handlungs- und Verantwortungsebene zu bündeln“, hieß es im Hessischen Landtag. … Beide Länder sind zum System bürgernaher Regionalschulämter zurückgekehrt.“

Also wirklich neu ist das nicht, was da in Sachsen ausprobiert werden soll. Vielleicht gibt es deshalb harsche Proteste von kommunalen Politikern wie der Landräte Michael Harig aus Bautzen und Bernd Lange aus Görlitz und des Zittauer Oberbürgermeisters Thomas Zenker. Es wird befürchtet, dass künftig die Belange der Region zu kurz kommen. Dagegen hilft dann auch der hohe Personalbestand der zentralisierten Großbehörde nicht: Über 500 Mitarbeiter, zwei Drittel davon Beamte, sollen laut „Freier Presse“ dort dazu gehören. Diese Zeitung zitiert u.a. den Vorsitzenden des Landeslehrerverbandes, Jens Weichelt, mit Worten wie „untaugliches Mittel“ und „weltfremd“. Die Fusion komme nicht überraschend, aber „zur Unzeit“. Laut Weichelt verbieten sich in der derzeit angespannten Lage „Experimente im Bereich Schulverwaltung“.

Zumal – siehe das Facebook-Zitat oben – solche Experimente andernorts bereits durchgeführt wurden. Und gescheitert sind. Dass deren Ausgang nicht das erhoffte Ergebnis brachte, das kann passieren. Es wurde darauf entsprechend reagiert: sowohl im (politisch) schwarz-grünen Hessen wie auch im rot-roten Brandenburg. Eine ideologische Frage scheint das also nicht zu sein. In Sachsen ist man aber wohl der Meinung, man müsse nicht aus den Fehlern anderer lernen. Wenn man diese doch auch selbst machen kann … Es gibt da so einen Aphorismus: „Kluge Leute lernen aus den Fehlern der Anderen – die Dummen aus ihren eigenen.“ Muss es wirklich erst dazu kommen?

Hans-Georg Prause

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