Zum Riesenstollen gehörte ein Riesenmesser

Das Dresdner Stollenfest geht auf eine Truppenschau im „Zeithainer Lustlager“ zurück. Der sächsische Kurfürst August der Starke ließ 1730 einen Riesenstollen backen. Der kurfürstliche Bäckermeister Andreas Zacharias und...

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Das Dresdner Stollenfest geht auf eine Truppenschau im „Zeithainer Lustlager“ zurück. Der sächsische Kurfürst August der Starke ließ 1730 einen Riesenstollen backen. Der kurfürstliche Bäckermeister Andreas Zacharias und 60 “Beckenknechte“ hatten einen 1,8 Tonnen schweren, sieben Meter langen und drei Meter breiten Stollen mit 3600 Eiern, 326 Kannen Milch und 20 Zentnern Weizenmehl hergestellt. Extra für diesen Zweck wurde ein maßgerechter Backofen angefertigt, entworfen vom Oberlandbaumeister Matthäus Daniel Pöppelmann. Der Riesenstollen wurde auf einen Wagen gehievt und von acht Pferden ins Lustlager gebracht. Auf dem 1000 Hektar großen Festplatz war die gesamte sächsische Armee erschienen und schließlich wurde das prachtvolle Backwerk  in  24 000 Portionen aufgeteilt. Und dies geschah mit einem 1, 6 Meter langen Messer aus Sterlingsilber. Die hochwertige Edelstahlklinge war aus einem Stück geschmiedet – dann geschliffen, poliert und von Hand verziert worden. Das Heft war an einem Porzellangriff befestigt. Mit dem Messer konnte man mühelos den Stollen schneiden.  Nach dem grandiosen Fest vom 31. Mai bis 28. Juni 1730 kam das „Große Dresdner Stollenmesser“ in die prunkvolle Hofsilberkammer des Dresdner Schlosses. Dort verblieb das Messer bis zur Auslagerung – nach dem Zweiten Weltkrieg galt das kostbare Stück als verschollen. Anfang der 1990er Jahre wurde nach dem historischen Kupferstich „Lohn und Ruhm des löblichen Bäckerhandwerkes“, auf dem das Messer dargestellt ist,  detailgetreu ein neues handliches Exemplar nachgefertigt und 1994 erstmals auf dem Dresdner Stollenfest präsentiert.

Inzwischen verlassen jährlich rund 500 edle Exemplare eine Silberwarenmanufaktur in Bremen. Die Klinge trägt das eingravierte Wappen von August dem Starken. In Sachsen wurde angeblich kein Hersteller für das Schneidwerkzeug gefunden –  der Porzellangriff wurde in der Sächsischen Porzellanmanufaktur Manufaktur in Freital entworfen.

Zum diesjährigen Stollenfest haben 35 Bäcker das Backwerk zusammengebaut. Verpackt wurden dafür eine Tonne Mehl, 675 Kilogramm Butter, 180 Kilogramm Zucker und 1,35 Millionen Sultaninen. Dass Backwerk wurde auf einem Pferdewagen durch die Stadt zum Striezelmarkt gefahren und dort angeschnitten. Der Stollen war 3,55 Meter lang, 1,73 breit und 88 Zentimeter hoch, also etwas bescheidner als 1730 zur Truppenschau.

Dietmar Sehn           

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