Dreißig Jahre danach: Bautzener Dampflokomotiven

Vor dreißig Jahren endete mit dem Fahrplanwechsel im Mai 1988 der Dampflokbetrieb im Raum Bautzen. Das Bahnbetriebswerk (Bw) Bautzen gehörte zu den letzten Dienststellen, bei denen die Deutsche...

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Vor dreißig Jahren endete mit dem Fahrplanwechsel im Mai 1988 der Dampflokbetrieb im Raum Bautzen. Das Bahnbetriebswerk (Bw) Bautzen gehörte zu den letzten Dienststellen, bei denen die Deutsche Reichsbahn noch normalspurige Dampflokomotiven einsetzte. Zwar waren schon damals die Zeiten, in denen man die kraftvolle Eleganz hochrädriger Schnellzuglokomotiven vor Schnell- und Eilzügen zum Beispiel zwischen Dresden und Berlin sowie zwischen Dresden und Görlitz erleben konnte, seit einigen Jahren vorbei. Wer Dampfloks fotografieren wollte (und nicht nur einheimische Eisenbahnfreunde wollten das, sondern auch viele Besucher „aus dem Westen“), hatte aber dazu immer noch Gelegenheit. Denn Mitte der 1980er waren bei den Bahnbetriebswerken Bautzen, Hoyerswerda, Kamenz und Zittau noch zahlreiche dieser Maschinen in Betrieb, die durch ihre beeindruckenden Betriebsgeräusche und große Dampf- und Rauchwolken zu zu faszinieren vermochten. Bei den in der Lausitz in den letzten Jahren des Dampfbetriebs eingesetzten Lokomotiven handelte es sich durchweg um Exemplare der Baureihe 52.80 („Kriegslokomotiven“, die in den 1960er Jahren modernisiert und leistungsfähiger gemacht worden waren).

Fotografierende Eisenbahnfreunde aus Ost und West dürften damals zu den besten Kennern von Dörfern und Kleinstädten in der DDR gehört haben. Wer sonst wäre davon überzeugt gewesen, dass es sich unbedingt lohnte, nach Kleinwelka oder Dürrhennersdorf, nach Löbau oder Hagenwerder zu fahren, wenn nicht Enthusiasten, die wussten, dass dort ein paar Mal am Tag die Durchfahrt einer Dampflok zu erwarten war?

Die „Ostsächsischen Eisenbahnfreunde e.V.“ (OSEF) besitzen – neben vielen anderen Fahrzeugen – drei Exemplare der Baureihe 52.80 und derzeit ist man bemüht, eines davon mit hohem Kostenaufwand und viel freiwilliger Arbeit betriebsfähig herzurichten, damit in Zukunft wieder Sonderfahrten mit der Lok durchgeführt werden können.

Unter den in Bautzen stationierten Lokomotiven befanden sich übrigens noch bis Anfang der 1990er Jahre auch zwei Dampflokomotiven, die nicht auf der Strecke fuhren, sondern als Dampfspender für die Gebäudeheizung und zum Vorheizen von Reisezügen dienten. Auf meinen in den 1980er Jahren unternommenen Fototouren in der Region entstanden nicht nur Eisenbahnbilder, sondern auch Aufnahmen von Gebäuden, Straßenfahrzeugen, Firmenschildern usw. Diese Bilder stellen heute wertvolle Erinnerungen dar. Ja, und auch das eine oder andere nette Gespräch ergab sich. Ich erinnere mich zum Beispiel gern an eine Unterhaltung mit einem älteren Herrn, der ein Häuschen unter dem Spreeviadukt bewohnte. Wir sprachen über seine Kameraobjektive und daran knüpfte sich ein Gedankenaustausch über noch manches andere.

Als ich mich im Winter 1987 im Bahnbetriebswerk bei der Lokleitung höflich erkundigte, ob ich vielleicht ein paar Fotos von Lokomotiven machen dürfe, war ich überrascht, dass man es mir als westlichem Besucher unbekümmert gestattete, mich im Bereich um die Drehscheibe vorsichtig, aber im Prinzip frei zu bewegen. Ich bin nicht mehr sicher, ob man mir einen Begleiter mit auf den Weg gab. Jedenfalls hatte ich gerade in der Stadt, deren Name wegen der Sonderhaftanstalt der Staatssicherheit einen fast unheimlichen Klang hatte, so unkompliziert eine Besichtigung von Bahnanlagen ermöglichen würde.

Text + Fotos: Joachim Stübben

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