Deutschland, deine Sternchen

Man könnte darüber lachen, wenn es nicht so traurig wäre. Nach über 60 Jahren Akzeptanz beim Verbraucher hat jetzt die Keks-Firma Bahlsen ihre Waffel „Afrika“ umbenannt. Der Kakao...

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Man könnte darüber lachen, wenn es nicht so traurig wäre. Nach über 60 Jahren Akzeptanz beim Verbraucher hat jetzt die Keks-Firma Bahlsen ihre Waffel „Afrika“ umbenannt. Der Kakao für deren Herstellung kommt zwar weiterhin vom schwarzen Kontinent (darf man das noch schreiben?), doch was einst vielleicht sogar als Referenz gedacht war, wird heute Rassismus genannt. In diesem Sinne äußerten sich „einige Menschen“ auf Instagram, die vielleicht ja einen an der Waffel haben. Doch dass daraufhin wieder ein traditionsreiches Unternehmen einknickt, geht einem tüchtig auf den Keks.

Nun, Bahlsen wird es verschmerzen können, hier als weiteres blamables Beispiel für einen Trend angeführt zu werden, der viele Menschen erst nur verärgert hat, zunehmend jedoch verunsichert. Zumal das Hannoveraner Familienunternehmen dieses neue/alte Produkt mit dem Namen „Perpetum“ nun zum gleichen Preis verkaufen lässt, allerdings mit deutlich weniger Inhalt. Doch was soll’s? Schließlich geht es den Verballhornern unserer Sprache letztlich nur um das Etikett. Das habe „sehr negative Assoziationen“ hervorgerufen. Bei dem Wort „Afrika!“? Der unterschwellige Rassismus liegt da wohl allein im Auge des Betrachters.

Die offensichtliche Willkür, mit der eine laute Minderheit die deutsche Sprache und deren Gebrauch misshandelt, wird von der sonst zu oft schweigenden Mehrheit aber nicht einfach hingenommen. Anfang Juni zeigte das Trendbarometer von RTL und ntv , dass für 82 Prozent von rund 2000 Befragten eine „geschlechtergerechte Sprache“ wenig mit ihrem Alltag zu tun habe. Im Detail stört dieses „gendern“ z.B. 51 Prozent bei geschriebenen Texten; sogar nur für ein Modethema halten es 53 Prozent. Lediglich 17 Prozent finden es „gut“. Besonders groß ist die Ablehnung mit 75 Prozent bei geschlechtsneutralen Formulierungen in Nachrichtensendungen in Fernsehen oder Radio. 

Wer das alles jedoch allein auf „geschlechtergerechte Sprache“ verkürzt, also etwa auf die Streichung des generischen Maskulinums, der denkt zu kurz. Es ist nur schwer zu überhören und zu übersehen: Die öffentlich-rechtlichen Medien und manche Zeitungen/Zeitschriften kokettieren heftig mit den linksgrünen Sprachspielen. Doch es geht nicht nur um Kunstpausen beim Sprechen im Fernsehen oder Radio bzw. um Sternchen, Unterstriche oder Großschreibungen mitten im Wort in der gedruckten Presse. Es geht um mehr als das!

Es ist manchmal hilfreich, dass andere noch hinhören bzw. hinsehen, wenn man selbst aus Überdruss am Thema einfach schon ab- oder umgeschaltet hat. Judith Sevinç Basad verwies kürzlich in einem Gastkommentar für die Neue Zürcher Zeitung (online am 25. Mai) auf ein bezeichnendes Gebaren beim Gendern im Deutschlandfunk:

„So erzählte eine Moderatorin neulich im Deutschlandfunk (DLF), dass es nur richtig sei, wenn man Wörter wie Terrorist und Verschwörungstheoretiker nicht gendere. Denn: Diese Gruppen beständen hauptsächlich aus Männern, und man wolle das Geschlecht ‚gerecht abbilden‘. Das Sternchen übernimmt so eine willkommene Nebenwirkung: Es markiert die Dinge, die moralisch gut sind. Ironischerweise brachte der DLF daraufhin einen Beitrag, in dem die Wörter Bürger*innen, Erb*innen und Demonstrant*innen vorkamen. Die Wörter Rassisten, Kolonialisten oder Sklavenhändler wurden dagegen nicht gegendert.“

Wo kommen wir denn hin, wenn wir „schreiben, was ist“ (um Rudolf Augstein zu zitieren). Hunderte Polizisten lieferten sich kürzlich mitten in Berlin mit autonomen Hausbesetzern und linken Sympathisanten hinter brennenden Barrikaden eine Straßenschlacht. Aber Grüne und Linke wollten danach nicht davon sprechen, was offensichtlich war: von linksextremer Gewalt . Ganz direkt mit Gender hat das wenig zu tun, umso mehr mit Manipulation durch Sprache. Was nicht benannt wird, das existiert nicht.

Doch zurück zu diesen Sternchen, die keine Sternstunde für die deutsche Sprache sind. Wer ein weltoffener guter Mensch sein will (oder als solcher gelten), queer und divers konnotiert, der muss da mitmachen. Alternativ ist man sonst Sexist, Rassist, Homophober, Nazi sowieso, vielleicht auch nur ein „alter weißer Mann“.

Dabei hält eine Mehrheit der Frauen gar nichts von diesen „Gendersternchen“ (Welt am Sonntag am 31. Mai). Zwar bewerteten sie die Gendersprache positiver als Männer, doch auch von ihnen lehnten 59 Prozent diese ab. Viele sind selbstbewusst genug, sich von der sogenannten männlichen Sprache nicht ausgeschlossen zu fühlen. Wer zum Arzt geht, geht vielleicht zur Ärztin. Ein Problem?

Für die Sprachwissenschaftlerin Prof. Dr. Gabriele Diewald (u.a. „Handbuch für geschlechtergerechte Sprache“) ganz bestimmt. „Man könnte ihnen (also diesen Frauen) auch ‚Identifikation mit dem Aggressor’ unterstellen.“ Der Mann als Aggressor, wow! Fehlt nur noch, dass hier mit dem Stockholm-Syndrom argumentiert wird. Vielleicht macht linke Identitätspolitik ja paranoid.

„Die deutsche Sprache braucht keine Gleichschaltung des grammatischen mit dem biologischen Geschlecht. Ja, diese wird, sollte der neue zwanghafte Sprach-Unfug bleiben, unsere Sprache ruinieren.“ So herzerfrischend einfach, so klar und deutlich äußerte sich Ellen Presser bereits Anfang März in der Jüdischen Allgemeinen unter der Überschrift „Jüd*innen und anderer Gender-Stuss“.Wenn man von Jüdinnen und Juden, kurz Jüd*innen, sprechen muss, weil Juden als maskuliner Sammelbegriff unzulässig geworden ist, dann bekommen Leute wie ich auf neue Weise einen Stern verpasst.“

Nun gibt es (frei nach Elias Canetti) keine größere Illusion als die Meinung, die Sprache sei ein Mittel der Verständigung zwischen den Menschen. Warum sprechen und schreiben wir nicht (mehr) „frei nach Schnauze“ oder „frei von der Leber weg“? Woher kommt dieses absichtliche Missverstehen? Was soll diese klebrige Attitüde des moralisierenden Belehrens?

Spätestens seit der jüngsten Allensbach-Untersuchung zur Meinungsfreiheit in Deutschland sind das eher rhetorische Fragen. Denn die Mehrheit der Deutschen sieht die Meinungsfreiheit in Gefahr. Die Gesellschaft ist gespalten. Dazu beigetragen hat auch das Gendern mit seiner intellektuellen Arroganz. Nur 45 Prozent der Befragten haben das Gefühl, die politische Meinung könne frei geäußert werden. Das ist der niedrigste Wert seit 1953!

Hans-Georg Prause

wollen-nicht-von-linksextremer-Gewalt-sprechen.html . Ganz direkt mit Gender hat das wenig zu tun, umso mehr mit Manipulation durch Sprache. Was nicht benannt wird, das existiert nicht. Doch zurück zu diesen Sternchen, die keine Sternstunde für die deutsche Sprache sind. Wer ein weltoffener guter Mensch sein will (oder als solcher gelten), queer und divers konnotiert, der muss da mitmachen. Alternativ ist man sonst Sexist, Rassist, Homophober, Nazi sowieso, vielleicht auch nur ein „alter weißer Mann“. Dabei hält eine Mehrheit der Frauen gar nichts von diesen „Gendersternchen“ (Welt am Sonntag am 31. Mai). Zwar bewerteten sie die Gendersprache positiver als Männer, doch auch von ihnen lehnten 59 Prozent diese ab. Viele sind selbstbewusst genug, sich von der sogenannten männlichen Sprache nicht ausgeschlossen zu fühlen. Wer zum Arzt geht, geht vielleicht zur Ärztin. Ein Problem? Für die Sprachwissenschaftlerin Prof. Dr. Gabriele Diewald (u.a. „Handbuch für geschlechtergerechte Sprache“) ganz bestimmt. „Man könnte ihnen (also diesen Frauen) auch ‚Identifikation mit dem Aggressor’ unterstellen.“ Der Mann als Aggressor, wow! Fehlt nur noch, dass hier mit dem Stockholm-Syndrom argumentiert wird. Vielleicht macht linke Identitätspolitik ja paranoid. „Die deutsche Sprache braucht keine Gleichschaltung des grammatischen mit dem biologischen Geschlecht. Ja, diese wird, sollte der neue zwanghafte Sprach-Unfug bleiben, unsere Sprache ruinieren.“ So herzerfrischend einfach, so klar und deutlich äußerte sich Ellen Presser bereits Anfang März in der Jüdischen Allgemeinen unter der Überschrift „Jüd*innen und anderer Gender-Stuss“ https://www.juedische-allgemeine.de/meinung/juedinnen-und-anderer-gender-stuss/ . „Wenn man von Jüdinnen und Juden, kurz Jüd*innen, sprechen muss, weil Juden als maskuliner Sammelbegriff unzulässig geworden ist, dann bekommen Leute wie ich auf neue Weise einen Stern verpasst.“ Nun gibt es (frei nach Elias Canetti) keine größere Illusion als die Meinung, die Sprache sei ein Mittel der Verständigung zwischen den Menschen. Warum sprechen und schreiben wir nicht (mehr) „frei nach Schnauze“ oder „frei von der Leber weg“? Woher kommt dieses absichtliche Missverstehen? Was soll diese klebrige Attitüde des moralisierenden Belehrens? Spätestens seit der jüngsten Allensbach-Untersuchung zur Meinungsfreiheit in Deutschland https://www.deutschlandfunkkultur.de/allensbach-umfrage-zur-meinungsfreiheit-heute-gibt- es.1013.de.html?dram:article_id=498966 sind das eher rhetorische Fragen. Denn die Mehrheit der Deutschen sieht die Meinungsfreiheit in Gefahr. Die Gesellschaft ist gespalten. Dazu beigetragen hat auch das Gendern mit seiner intellektuellen Arroganz. Nur 45 Prozent der Befragten haben das Gefühl, die politische Meinung könne frei geäußert werden. Das ist der niedrigste Wert seit 1953! Hans-Georg Prause

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