Landrat Harig schreibt offenen Brief an Wirtschaftsminister Dulig

In seiner Entgegnung zum offenen Brief der Handwerkskammer Dresden vom 30.11.2018 zur Forderung eines „Azubi-Tickets“ erklärte Herr Staatsminister Dulig die Landräte und Verkehrsverbünde zu den Verhinderern. Diese Darstellung...

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In seiner Entgegnung zum offenen Brief der Handwerkskammer Dresden vom 30.11.2018 zur Forderung eines „Azubi-Tickets“ erklärte Herr Staatsminister Dulig die Landräte und Verkehrsverbünde zu den Verhinderern. Diese Darstellung entspricht nicht der Wahrheit und wird von mir auf das Schärfste zurückgewiesen.

Fakt ist, dass der Koalitionsvertrag der CDU-SPD-Regierung die Einführung eines Bildungstickets vorsieht. Fakt ist weiterhin, dass dieses Bildungsticket im Koalitionsvertrag nicht näher untersetzt ist. Im Ergebnis einer 3jährigen Arbeit der Strategiekommission Verkehr wurde das in Rede stehende Tarifangebot für junge Menschen näher beschrieben. Eine erste Kalkulation dieses Bildungstickets ergab Kosten in Höhe von 47 Mio. Euro. Seit dem Vorliegen der Ergebnisse der Strategiekommission wurden vom Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) keine Umsetzungsvorschläge gemacht. Aus diesem Grunde haben die Landräte in ihrer Funktion als Vorsitzende der Verkehrsverbünde die Initiative übernommen, um dem SMWA konkrete Umsetzungsvorschläge zu unterbreiten, welche mit dem Landeshaushalt 2019/20 korrespondieren.

Darin enthalten ist ein „Azubi-Ticket“, dessen Kalkulation auf der Grundlage der im Freistaat Thüringen gemachten Erfahrungen hergeleitet wurde. Die Kosten belaufen sich im Jahr 2019 auf ca. 9 Mio. Euro und ab dem Jahr 2020 auf ca. 18 Mio. Euro p.a.

Des Weiteren ist ein „Freizeitticket“ vorgeschlagen worden, welches allen Schülern angeboten werden soll, die keine „Fahrschüler“ im Sinne der Schülerbeförderungssatzungen der Landkreise und Kreisfreien Städte sind. Die Kosten dafür belaufen sich auf 2,5 Mio. Euro im Jahr 2019 und 5 Mio. Euro ab dem Jahr 2020. Zur besseren verkehrlichen Erschließung des ländlichen Raumes wurde eine Verstärkung durch ein leistungsfähiges PlusBus-Netz vorgeschlagen. Die Kosten dafür belaufen sich auf 12,1 Mio. Euro im Jahr 2019 und 22,9 Mio. Euro ab dem Jahr 2020. Damit sind ca. 13. Mio. km zusätzliche Busleistungen bestellbar. Schließlich wurde zur Überwindung der Verbund übergreifenden Tarifprobleme die Entwicklung eines „Sachsentarifs“ dem SMWA vorgeschlagen. Die Kosten dafür belaufen sich auf ca. 1 Mio. Euro p.a.

In der Summe wurden also die Haushaltsansätze des Doppelhaushaltes des Freistaates Sachsen 2019/20 mit insgesamt 71,5 Mio. Euro eingehalten. Diese Maßnahmen sind umgehend umsetzbar. Es ist nicht verständlich, dass der Minister auf die in Rede stehende Weise reagiert. Vermutlich handelt es sich um ein wahltaktisches Manöver im Zusammenhang mit der Landtagswahl 2019.

Die Differenzierung des Vorschlages der Landräte in ein „Azubi-Ticket“ und ein „Freizeit-Ticket“ wurde der Lebenswirklichkeit entlehnt. So sind für die Schülerverkehre nicht die Verbünde sondern die Landkreise und Kreisfreien Städte zuständig. Es ist im Übrigen nicht denkbar, dass z. B. ein Görlitzer Schüler nach dem Ganztagsangebot (GTA) nach 16.00 Uhr schnell einmal nach Leipzig oder Chemnitz reist.
Insofern schließt das „Freizeitticket“ die Lücke zwischen den Schülern, die von den Schülerbeförderungssatzungen erfasst sind und denen, die keinen Anspruch haben.

Das zum Ausdruck gebrachte Unverständnis steht auch mit dem Ergebnis einer gemeinsamen Beratung in der Sächsischen Staatskanzlei vom 23.10.2018 im Zusammenhang. Gemeinsam mit dem Staatssekretär des SMWA, Herrn Dr. Mangold, dem Staatssekretär im SMF, Herrn Diedrichs, und unter Leitung des Chefs der Staatskanzlei, Herrn Staats-minister Schenk, wurden die o. g. Vorschläge abgestimmt und deren Kalkulation bestätigt.

Als Vorsitzender der beiden ostsächsischen Verkehrsverbände ZVOE und ZVON fordere ich Herrn Staatsminister Dulig auf, zur Sachlichkeit zurück zu finden.

Eine Landesverkehrsgesellschaft, wenn sie denn in drei Jahren kommen sollte, wird die unterschiedlichen Bestellzuständigkeiten zwischen ÖPNV und SPNV nicht ausgleichen können. Den Fahrgästen ist es zudem nicht zumutbar, noch mindestens drei Jahre auf eine Umsetzung der o. g. Vorschläge zu warten. Es soll betont werden, dass sich die Landräte und Oberbürgermeister einen leistungsfähigen, flächendeckenden Nahverkehr verbunden fühlen. Die Strukturen sind gemäß der Zielstellung auszurichten.“

Michael Harig
Landrat und Vorsitzender der Verkehrsverbünde ZVON und VVO

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