Wenn Corona den Job kostet

In der Pandemie ist die Zahl der Minijobs imKreis Bautzen deutlich zurückgegangen. Mitte vergangenen Jahres gab es imLandkreis rund 15.300 Stellen auf 450-Euro-Basis – das sind 760 weniger...

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In der Pandemie ist die Zahl der Minijobs imKreis Bautzen deutlich zurückgegangen. Mitte vergangenen Jahres gab es imLandkreis rund 15.300 Stellen auf 450-Euro-Basis – das sind 760 weniger alszwei Jahre zuvor (minus 5 Prozent). Besonders betroffen ist das Gastgewerbe:Hier gingen im selben Zeitraum 580 Minijobs verloren – ein Einbruch von 25Prozent. Das teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten mit. Die NGGberuft sich hierbei auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit.

450-Euro-Kräfte zählen zu den Hauptverlierern der Pandemie. Von derKüchenhilfe im Restaurant bis zur Verkäuferin an der Bäckereitheke – vieleMinijobber leben in ständiger Angst, gekündigt zu werden. Dabei haben sieweder Anspruch auf das Arbeitslosen- noch auf das Kurzarbeitergeld“,kritisiert Thomas Lißner, Geschäftsführer der NGG-Region Dresden-Chemnitz.Der Gewerkschafter warnt davor, dass künftig noch mehr Menschen in solcheunsicheren Jobs abrutschen könnten und damit zu prekären Bedingungenarbeiten müssten. „Wenn die Bundesregierung die Verdienstgrenze bei denMinijobs anhebt, dann dürfte das viele reguläre Arbeitsplätze verdrängen.Für die Betroffenen, zu einem Großteil Frauen, wird das zur Karrierefalle.Und spätestens im Alter ist Armut vorprogrammiert“, so Lißner.
Nach den Plänen der Berliner Ampel-Koalition sollen Minijobber künftig 520statt wie bislang 450 Euro im Monat verdienen können – ohne dafürbeispielsweise automatisch arbeitslosenversichert zu sein. Denentsprechenden Gesetzentwurf, über den der Bundestag noch im Frühjahrberaten wird, kritisiert die Gewerkschaft scharf: „Die Politik baut prekäreund krisenanfällige Stellen weiter aus, statt sie einzudämmen. Das ist einIrrweg – gerade nach den Erfahrungen mit Corona. Viele Minijobber haben beider Kurzarbeit in die Röhre geguckt oder ihre Stelle verloren.“

Die NGG verweist auf den Koalitionsvertrag. Darin schreiben SPD, Grüne undFDP, es müsse verhindert werden, „dass Minijobs als Ersatz für reguläreArbeitsverhältnisse missbraucht oder zur Teilzeitfalle werden“. DieGewerkschaft ruft deshalb die heimischen Bundestagsabgeordneten derAmpel-Koalition dazu auf, sich an dieses Versprechen zu halten und „dasGesetz auf solide Füße zu stellen“. Abhilfe könne langfristig allerdings nureine grundlegende Reform schaffen: Für Minijobs müsse bereits ab dem erstenEuro die Sozialversicherungspflicht gelten. Erst wenn Sozialabgaben,Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungsbeiträge gezahlt würden, könntenBeschäftigte wirksam geschützt werden.

Nach Einschätzung von NGG-Regionalchef Thomas Lißner hätte dies positiveEffekte vor Ort: „Die Abschaffung der Sonderregelungen für Minijobs würdedabei helfen, den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Im Kreis Bautzen klagen vorallem Hoteliers und Wirte, kein Personal mehr zu finden. Aber Fachleutegewinnt man nicht, indem man kaum abgesicherte Stellen mit wenigenWochenstunden bietet, sondern reguläre Arbeitsverträge mit Perspektive undsozialem Netz. Davon würden am Ende alle profitieren – die Beschäftigten,die Betriebe und durch höhere Einnahmen auch der Staat und dieSozialversicherungen.“

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