Wo man singt, da lass dich ruhig nieder – Kalenderblatt zum 255. Geburtstag von Gottfried Seume

Er ging als „Wanderliterat“ in die Heimatgeschichte ein: Gottfried Seume, geboren vor 255 Jahren, am 29. Januar 1763 in Poserna bei Weißenfels, damals noch zu Sachsen gehörend. Der...

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Er ging als „Wanderliterat“ in die Heimatgeschichte ein: Gottfried Seume, geboren vor 255 Jahren, am 29. Januar 1763 in Poserna bei Weißenfels, damals noch zu Sachsen gehörend.

Der Sohn eines Bauern studierte Theologie, unterstützt vom Grafen Wilhelm von Hohental.  Seume geriet allerdings in eine religiöse Krise und kehrte Sachsen den Rücken, floh nach Frankreich. Dort wurde der 18 – Jährige von hessischen Kriegswerbern zum Militärdienst gepresst und als britischer Kolonialsoldat nach Nordamerika geschickt. Seume gelang die Flucht aus der Gefangenschaft, doch preußische Soldaten zwangen ihn erneut zum Militärdienst. Ein weiterer Fluchtversuch misslang und eine Verurteilung zum Spießrutenlaufen wurde ausgesprochen. Nach dem zwölfmaligen Spießrutenlauf folgte eine Begnadigung und Seume begann ein dreijähriges Studium an der Universität Leipzig. Jura, Philosophie, Geschichte und Sprachen waren die Studienrichtungen. Sein abenteuerliches Leben ging weiter. Er entschloss sich freiwillig als russischer Soldat zu dienen. Als Adjutant und Sekretär des russischen Generals Otto Heinrich Freiherr von Igelström geriet er schließlich in polnische Gefangenschaft.

Erst um 1800 mäßigte Seumes bewegtes Leben. Er wurde Korrektur des Gröschen – Verlages in  Grimma und erarbeitete die erste vollständige Klopstock – Ausgabe. Danach arbeitete Seume als Hauslehrer und verfasste zahlreichen Aphorismen, die heute noch ihre Berechtigung haben und in aller Munde sind, beispielsweise: „Wer geht, sieht mehr“ „Wo man singt, da lass dich ruhig nieder, böse Menschen haben keine Lieder“.

Am 6. Dezember 1801 begann in Grimma seine berühmte Fußwanderung ins griechische Syrakus. Im Gepäck befanden sich „zwei Beinkleider, zwei paar Strümpfe, Halstücher und Bücher antiker Autoren“.

Seume gönnte sich in Dresden  einen kurzen Aufenthalt und schrieb in sein Tagebuch:

„Heute früh wurde ich durch den Donner der Kanonen geweckt und erfuhr beim Aufstehen, dass dem Hause ein Prinz geboren war“. Die weitere Wanderung ging dann nach Prag und Wien. Mit einem „Pass durch alle kaiserlichen Länder“ – ausgestellt in Wien – konnte der Schriftsteller unbehelligt wandern. Und so kam Seume am 1. April 1802 im griechischen Syrakus an. Ein Jahr später erschienen die Tagebuchnotizen als Buch. Darin stehen die spannenden Beobachtungen über die Menschen, die er auf der Wanderung begegnete.

Zwischen 1804 und 1806 wanderte Seume mehrfach nach Dresden. Eine Freundschaft verband den Dichter Seume mit dem Maler Gerhard von Kügelgen, der auch ein Porträt von ihm malte. Kügelgens Sohn Wilhelm schrieb später in den Jugenderinnerungen eines alten Mannes: „Auf herzlichste Weise hatten meine Eltern mit dem vorzüglichsten und interessantesten Leuten verkehrt, unter anderem mit dem störrigen Wanderer Seume, der zwar bei Leipzig wohnte, aber den Weg von da nach Dresden als Spaziergang ansah und schneller als die Post zu Fuß durchschritt.“

Der „Selbstaufklärer“, so wurde der eigenwillige Spaziergänger genannt, erinnerte sich an Dresden recht wohlfallend:

„Bei meiner letzten Anwesenheit in Dresden sah ich mit Vergnügen, daß man angefangen hatte, die Straßen und Gassen an den Ecken gehörig mit ihren Namen zu bezeichnen. Überhaupt scheint man mehr Aufmerksamkeit zu haben und auch die Gesichter scheinen sich zu bessern und mehr Liberalität zu bekommen.“

Text: Dietmar Sehn

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