Bad Muskaus berühmter Landschaftsgarten

Mit einem Aufruf an die Einwohnerschaft begann Herrmann von Pückler-Muskau im Jahre 1815 (1785− 1871) mit dem Projekt, einen Park in der Tal- und Auenlandschaft der Lausitzer Neiße...

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Mit einem Aufruf an die Einwohnerschaft begann Herrmann von Pückler-Muskau im Jahre 1815 (1785− 1871) mit dem Projekt, einen Park in der Tal- und Auenlandschaft der Lausitzer Neiße und in den angrenzenden Höhenzügen des Muskauer Faltenbogens um das Städtchen Muskau anzulegen.

Der dafür notwendige Erwerb von Besitzungen der Muskauer Einwohner sollte sich bald schon als kostspielig genug erweisen. Denn so reibungslos, wie von Pückler gedacht, folgten die Muskauer nicht dem durchaus erpresserischen Ansinnen des Standesherrn, kündigte dieser doch gleich an, bei einem Scheitern des Projekts seinen Besitz und auch die Bewohner zu verlassen. Mehr als das brachten die Arbeiten selbst zur Verwirklichung seiner utopischen und durchaus größenwahnsinnigen Ideen für eine monumentale Parklandschaft Pückler, 1822 in den Stand eines preußischen Fürsten erhoben, in weitere Geldnöte.

Pücklers Gartenleidenschaft teilte auch seine Frau Lucie, Tochter des preußischen Staatskanzlers Hardenberg, mit der er sich 1817 vermählte. Lucie selbst war in Muskau vor Ort zusammen mit dem Gärtner Rehder für die praktische Umsetzung der Gestaltungsideen für den Park von entscheidender Bedeutung. Denn der Fürst hatte eine weitere Leidenschaft: das Reisen. So instruierte und dirigierte er aus der Ferne, immer auch etwas misstrauisch, ob seinen Phantasien auch wirklich gefolgt wird. Im Verlauf der Jahre waren es nicht nur die Länder Mittel- und Westeuropas, gar bis in den Orient und nach Nordafrika führte es Pückler.

England und seinen Landschaftsgärten galt dabei Pücklers besonderes Augenmerk. Die zweite Reise des Fürsten nach England ab 1826 aber diente eigentlich einem anderen Zweck. Im Einverständnis von Lucie zuvor geschieden, weil der Schuldenberg inzwischen ins Unermessliche gestiegen war, ging Pückler auf Brautjagd, oder noch treffender, auf Mitgiftjagd. Als sich immer mehr herausstellte, dass in den inzwischen vorgewarnten Kreisen des englischen Adels keine Braut zu finden sei, kam die Gartenleidenschaft wieder durch. Aus der Brautschau wurde eine Gartenjagd, unzählige Anlagen in England, Wales und Irland suchte Pückler auf und studierte sie.

Geplanter Blick im Pücklerpark von 1834. Foto: Stiftung "Fürst-Pückler-Park Bad Muskau"
Lithografie von W. Schirmer aus den „Andeutungen über Landschaftsgärtnerei“, Hermann von Pückler-Muskau. Geplanter Blick im Pücklerpark von 1834. Foto: Stiftung „Fürst-Pückler-Park Bad Muskau“

Die Briefe, Tagebuchaufzeichnungen und Erinnerungsalben sind spannende, zeitgenössische Berichte und Dokumentationen des gesellschaftlichen Lebens Englands. Sie sind aber auch aufschlussreiche, originale Quellen für Pücklers Erlebnisse und Eindrücke von den großen Landschaftsgärten sowie dafür, mit welchen eigenen Ideen er seinen Park in der Lausitz weiter gestaltet wissen wollte. Letztlich trat Pücklers Drohung, seinen Besitz aufzugeben, unbeabsichtigt, aber möglicherweise gar nicht so unerwartet ein. 1845 schließlich verkaufte er seinen Besitz in Muskau und zog mit Lucie nach Branitz bei Cottbus in den dortigen Familienbesitz. Die Gestaltung des Branitzer Parks wäre schon eine weitere, verdienstvolle Geschichte im Leben des „grünen“ Fürsten, die hier nur erwähnt sein soll.

Seit 1846 wurde die Muskauer Anlage unter ihrem neuen Besitzer, Prinz Friedrich der Niederlande, durch einen Schüler Pücklers, den Gartenarchitekten C. E. Petzold, weiter ausgebaut und wesentlich erweitert. 1883 erwarben die Grafen von Arnim den Besitz und sorgten für eine rege Wirtschaftsentwicklung. Auch sie änderten voller Respekt nur wenig an der Gesamtgestalt des Pücklerschen Werkes. Im Ergebnis des Zweiten Weltkrieges wurden die Grafen von Arnim enteignet. Der Park erstreckte sich nunmehr durch die Grenzziehung auf den Territorien zweier Staaten.

1955 wurde der deutsche Teil des Parks unter Denkmalschutz gestellt, der polnische Parkteil jedoch der Forstverwaltung unterstellt. Innerhalb weniger Jahrzehnte verwilderten die Parkareale östlich der Neiße nicht nur, offene Wiesenräume wurden teilweise aufgeforstet. Seit 1988 bestehen Kontakte zwischen deutschen und polnischen Denkmalpflegern zur Wiederherstellung des Parks als zweistaatliches Denkmal.

Blick vom Pücklerstein im Jahre 1989. Foto: Stiftung "Fürst-Pückler-Park Bad Muskau".
Blick vom Pücklerstein im Jahre 1989. Foto: Stiftung „Fürst-Pückler-Park Bad Muskau“.

1992 wurde der Muskauer Park aus kommunalem Besitz in das Eigentum des Freistaates Sachsen überführt, eine staatliche Denkmal- und Kulturbehörde in Warschau war nunmehr für den Park Mużakowski auf polnischem Gebiet zuständig. Seit Gründung der Stiftung „Fürst-Pückler-Park Bad Muskau“ 1993 konnten parallel zu den restauratorischen und Pflegemaßnahmen im Park auch wichtige Bauten, wie die Orangerie, das Schlossvorwerk und das Neue Schloss, denkmalgerecht saniert werden.

Nachdem inzwischen die aus der Grenzziehung entlang der Neiße resultierende Teilung des Parks überwunden werden konnte, wird längst intensiv und über Ländergrenzen hinweg an der Restaurierung des Parks in seiner Gesamtheit gearbeitet. Sichtbarer Ausdruck der Arbeit der Denkmalpfleger über die Grenzen hinweg ist der inzwischen erfolgte Wiederaufbau der Doppelbrücke, die den deutschen und den polnischen Parkteil inmitten des Muskauer Parks verbindet und so von Besuchern für den Parkspaziergang bzw. für die Fahrradtour durch das Parkareal benutzt werden kann.

Die Parkanlage, eingebettet in ein terrassenförmiges Landschaftsrelief, weist eine Größe von etwa 830 ha auf. Kennzeichnend sind die großräumige Gestaltung, die weiten Sichtbeziehungen, die unterschiedlich intensive Ausgestaltung der Parkbereiche und künstlichen Wasserläufe ebenso wie die geschickte Nutzung des Geländereliefs und des Flusslaufs der Neiße für die künstlerische Gestaltung, die den Betrachter ständig wechselnde, dreidimensionale Landschaftsbilder erleben lassen.

Pückler verarbeitete in der Gestaltung des Muskauer Parks zahlreiche Eindrücke und Erlebnisse vom Studium der Landschaftskunst in England, ohne sie jedoch einfach nur zu kopieren. Inspiriert von unterschiedlichen Stilen englischer Landschaftsgärten entwickelte der Gartenfürst sehr wohl eine eigene Formensprache in der meisterhaften Ausgestaltung eines die Natur idealisierenden, pittoresken Landschaftsgartens, die selbst wiederum Vorbild für Gestaltungen von Parkanlagen sogar in Nordamerika wurde.

Foto: Stiftung „Fürst-Pückler-Park Bad Muskau“, Astrid Roscher
Foto: Stiftung „Fürst-Pückler-Park Bad Muskau“, Astrid Roscher

Auf geniale Weise verstand es Pückler, das Neue Schloss im Herzen des Parks, mit wichtigen Hintergrundelementen optisch zu vernetzen und wichtige Aussichtspunkte und Architekturen in wechselseitige Sichtbeziehungen einzubinden. Die Stadt selbst verschwindet gewissermaßen inmitten des sie umgebenden Grünzuges und ist aus dem Park heraus, selbst von den Anhöhen, so gut wie unsichtbar. In der Parkkomposition spielen nur die vorhandenen Naturelemente eine wesentliche, die Bauwerke jedoch eine untergeordnete Rolle. Das Geländerelief, der Flusslauf der Neiße, Altbäume, große Eiszeitfindlinge ebenso wie eine schon damals vorhandene Bergbaufolgelandschaft (Alaun) wurden zu einem neuen Bild zusammengefügt und sehr zurückhaltend mit Zutaten versehen.

Grundsätzlich ist der Muskauer Park nach dem Zonierungsprinzip gegliedert: Den Gartenpartien um das Neue Schloss und den umliegenden pleasureground fügen sich der eigentliche Park und die weite Landschaft mit bewirtschafteten Flächen, der ornamental farm, an. Sein 1834 veröffentlichtes Buch „Andeutungen über Landschaftsgärtnerei verbunden mit der Beschreibung ihrer praktischen Anwendung in Muskau“ gilt heute, mehr denn je, als einflussreiches, gartentheoretisches Standardwerk.

Blick vom Pücklerstein im Jahre 2007. Stiftung "Fürst-Pückler-Park Bad Muskau"
Blick vom Pücklerstein im Jahre 2007. Stiftung „Fürst-Pückler-Park Bad Muskau“

Der Muskauer Park ist heute ein einzigartiges Gartenkunstwerk von Weltrang. Aus der intensiven und von enormer Dynamik geprägten Zusammenarbeit deutscher und polnischer Denkmalpfleger bei der Wiederherstellung des ganzheitlichen Landschaftsparks resultierte im Juli 2004 die Aufnahme des Muskauer Parks in die UNESCO-Liste des Welterbes. Sie krönt die bisherigen Bemühungen, den Muskauer Park erlebbar wiederzuvereinigen.

Aber, bis zur vollständigen Restaurierung dieses Gartenkunstwerks im Pücklerschen Sinn ist noch ein langer Weg zu gehen. So gilt es, die Randbereiche des Parks, insbesondere im polnischen Parkteil, weiter behutsam in den Park zu integrieren, Wege und Brückenbauten weiter zu sanieren. Die Wiederherstellung der zerstörten Englischen Brücke im nördlichen Parkbereich sowie die Eröffnung der sanierten Schlossgärtnerei mit dem Küchengarten und der Ausstellung „Ananas! Die Königin der Früchte im Muskauer Park“ sind weitere, jüngst vollbrachte Projekte.

Beim Spaziergang im Park gilt das Interesse der Besucher den historischen Bauten, allen voran dem Neuen Schloss. Das Neue Schloss im Herzen des Muskauer Parks ist eine dreiflügelige Anlage im Stile der Neorenaissance und war Wohn- und Wirkungssitz der Muskauer Standesherren.

Foto: Stiftung „Fürst-Pückler-Park Bad Muskau“, Astrid Roscher
Foto: Stiftung „Fürst-Pückler-Park Bad Muskau“, Astrid Roscher

Erste urkundliche Erwähnungen  lassen seit 1245 auf die Existenz einer frühen  (Wasser-) Burg schließen, die 1361 als „veste“ belegt ist: Zumindest ein Teil der Burg war nun aus Stein errichtet. Bis zum 15. Jahrhundert dehnt sich der Komplex auf die Bereiche des heutigen Süd- und Westflügels aus. Im 16. Jahrhundert vollzieht sich der Wandel von der mittelalterlichen Befestigung in ein repräsentatives Schloss. Um die Wende zum 17. Jahrhundert ist vermutlich der Nordflügel errichtet worden. Während des Dreißigjährigen Kriegs wird das Schloss 1643 durch Brandstiftung beschädigt. Curt Reinicke I. von Callenberg, Landvogt der Oberlausitz, sein Sohn und sein Enkel prägen die anschließende rund 140 Jahre währende Bauphase. Hieraus resultieren u. a. die Neuausstattung des „Rittersaales“ (später Bibliothek) mit schweren Stuckaturen, die Ausbildung der endgültigen Geschosszahl und die Errichtung der repräsentativen steinernen Treppe im Westflügel sowie die mit der Anhebung des Hofniveaus einhergehende Ausrichtung zur Gartenseite.

Fürst Pücklers großflächige Umgestaltung des Schlossareals – mit dem Abbruch der Festungsmauern, Brücken und des ringförmigen Wassergrabens – schädigte die Statik massiv. Er entwickelte große Umbaupläne und beauftragte keinen geringeren als Friedrich Schinkel mit der Planung seiner „Muskauer Akropolis“. Von all diesen Bauplänen wurde jedoch nur die Schlossrampe im Jahr 1825 realisiert. Aufgrund der hohen Verschuldung verkaufte Pückler 1845 die Standesherrschaft an die Grafen von Nostitz und von Hatzfeld, bevor Prinz Friedrich der Niederlande 1846 die Standesherrschaft erwarb.

Dieser besaß nun die entsprechenden finanziellen Möglichkeiten, die ihn in die Lage versetzten, den Umbau des Barockschlosses im Neorenaissance-Stil voranzubringen und gleichzeitig die statischen Probleme am Bauwerk zu beseitigen. Nach dem Tode des Prinzen 1881 erwarb Traugott Hermann Graf von Arnim die Standesherrschaft. Hier erfolgten die letzten größeren Umbauten am Schloss mit dem Errichten einer Warmwasserheizung und dem Anbau des Festsaales um 1925. Bei dieser Gelegenheit erhielt das Bauwerk auch die markante Altrosa-Farbe. Am 30. April fiel das Gebäude einer Brandstiftung zum Opfer und prägte jahrzehntelang als Ruine das Bild im Muskauer Park.

Die Schlossruine um 1990 im Pückler Park. Foto: Stiftung "Fürst-Pückler-Park Bad Muskau"
Die Schlossruine um 1990 im Pückler Park. Foto: Stiftung „Fürst-Pückler-Park Bad Muskau“

Mit der Übernahme des Muskauer Parks durch den Freistaat Sachsen leitete er die Notsicherung der Schlossruine ein. Dazu gehörten u. a. die Beräumung von Trümmerschutt, der Abbau absturzgefährdeter Architekturteile sowie die Sicherung und Abdichtung der Mauerkronen. Im März 1996 begann die Substanzsicherung und äußere Instandsetzung des Neuen Schlosses. Diese Arbeiten umfassten den Einbau von Decken, Bauzeitfenster und –türen sowie das Aufsetzen der Dächer und waren 1999 im Wesentlichen abgeschlossen. Danach folgten der Innenausbau und die Fertigstellung der Fassaden in mehreren Bauabschnitten. 2013 waren die Arbeiten am Neuen Schloss mit der Wiederherstellung des Festsaals abgeschlossen.

Das Neue Schloss ist das architektonische Herz des Muskauer Parks, kulturelles Zentrum und Sitz der Verwaltung der Stiftung „Fürst-Pückler-Park Bad Muskau“ mit einer Dauerausstellung und einer Besucherinformation im Südflügel, Sonderausstellungsräumen im Westflügel, sowie repräsentativen Räumen im Erdgeschoss des Westflügels, die u. a. auch als Trauzimmer genutzt werden. Der Nordflügel beherbergt Tagungs- und Seminarräume sowie weitere Arbeitsräume.

Dietmar Damzog/Stiftung „Fürst-Pückler-Park Bad Muskau“/ Ergänzt u. überarbeitet. Ute-Martina Kühnel/Stiftung „Fürst-Pückler-Park Bad Muskau“

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