Spreebrücke: Machen, weil es machbar ist?

Kleiner Hinweis für sensible Gemüter: Es wird nun etwas obszön … Frage: „Warum leckt ein Hund sich die Eier?“ Antwort: „Weil er es kann.“ Zugegeben, das hat nur...

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Kleiner Hinweis für sensible Gemüter: Es wird nun etwas obszön … Frage: „Warum leckt ein Hund sich die Eier?“ Antwort: „Weil er es kann.“ Zugegeben, das hat nur sprichwörtliches Stammtisch-Niveau. Womit nichts gegen seriöse Stammtische gesagt sein soll, nein, selbstverständlich nicht! Wenig unterscheidet diesen Flachwitz jedoch von Aussagen des Bundesfinanzministers Olaf Scholz (SPD) zum Thema Energiewende: 

„Und dann müssen wir auch Fragen beantworten, die uns die Bürgerinnen und Bürger stellen, Fragen, die sie, wie ich finde, zu Recht stellen. Eine lautet: Warum ist es denn richtig, dass Deutschland aus der Kohleverstromung aussteigt, wenn gleichzeitig in Afrika und Asien tausend zusätzliche Kohlekraftwerke gebaut werden? … Warum ist es richtig, dass wir bei Fahrzeugen jetzt auf moderne Antriebstechniken mit weniger CO2-Emissionen setzen, wenn gleichzeitig überall in der Welt noch Millionen zusätzliche neue Fahrzeuge mit klassischen Verbrennungstechniken auf den Markt kommen? … Die Antwort lautet: Weil wir es können. – Das ist die Antwort!“

Dieses „Weil wir es können“ (den vollen Wortlaut finden Sie auf der Homepage des Bundesfinanzministeriums) erinnert ein ganz klein wenig an das berühmt-berüchtigte „Wir schaffen das!“. Und, wir wechseln die politische Spielklasse, ebenso an eine Äußerung des Vorsitzenden der SPD-Fraktion des Bautzener Stadtrates. Laut dem Artikel „Spreebrücke: Noch kein Bürgerentscheid“ in der lokalen SZ hat Roland Fleischer aus einer internen Beratung zu diesem Projekt vor allem eines mitgenommen: „Diese Brücke ist technisch machbar.“       

Was wohl von kaum jemandem angezweifelt wird. Es stehen nicht wenige Fragezeichen hinter dem Vorhaben, etwa hinter den unwägbaren Kosten für den Bau und die Unterhaltung der luftigen Brücke, hinter der Genehmigung des Denkmalschutzes für einen so massiven baulichen Eingriff in die historische Bautzener Stadtansicht und hinter möglichen Einsprüchen von staatlichen und privaten Anliegern. Doch fraglos dürfte das alles „machbar“ sein.

Die Frage sollte deshalb eher lauten: Muss etwas gemacht werden, nur weil es machbar ist? Oder weil es dafür Fördermittel gibt? Diese sind kein Spielgeld, mit dem gezockt werden kann. Schon so manche Kommune hat es mit unüberlegten Investitionen sogar ins Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler geschafft. Dabei stand am Anfang bestimmt immer eine ach so tolle Idee.

Im Stadtrat gibt es verschiedene Meinungen zum Sinn und Unsinn einer Fußgängerbrücke zwischen Protschenberg und Ortenburg hinweg über die Spree direkt in die Altstadt. In einem Punkte ist man sich allerdings einig: Letztlich sollen die Bautzener selbst darüber entscheiden. Auch das Rathaus befürwortet einen Bürgerentscheid. Womit die Gemeinsamkeiten jedoch aufgebraucht sind. Es geht jetzt nicht mehr um das „ob“, sondern darum, „wann“ die Einwohner der Stadt zu dem Vorhaben befragt werden sollen.

Tja, was war eher da, das Ei oder die Henne? Sollen zur Ermittlung der Machbarkeit einer Fußgängerbrücke erst viele zehntausende Euros für diverse Voruntersuchungen und technische Studien ausgegeben werden, um hinterher bei einem Bürgerentscheid zu erfahren, dass die Bautzener mehrheitlich so ein Bauwerk ablehnen? Dann heißt es: Außer den dicken Spesen nichts gewesen. Natürlich kann es auch eine Zustimmung zu dem Vorhaben geben. Doch es bliebe ein Vabanquespiel. Wäre es also nicht klüger, die Bautzener vorher zu befragen? Sind sie gegen eine Spreebrücke, würde sich sofort  jede weitere Diskussion erübrigen. Und die Stadt hätte viel Geld gespart. Ist aber eine Mehrheit für diese Spreebrücke, könnte gebaut werden. Die Kritiker müssten sich fügen. Das Restrisiko: In der Planungsphase stellt sich heraus, dass der Bau zu teuer, zu aufwändig, zu kompliziert ist. Dann würden jedoch diese Fakten letztlich für sich selbst sprechen.

Ist das alles andererseits nicht ein Streit um des Kaisers Bart? Die Stadt hat ganz bestimmt dringendere Probleme. Und das Rathaus vielleicht Hintergedanken. Wer so eine Spreebrücke ganz bewusst zum Stadtgespräch macht, muss vorerst z.B. keine Auskunft darüber geben, wie es mit der innerstädtischen Brache zwischen Lauengraben und Äußerer Lauenstraße weitergeht. Oder erklären, warum eine neue Grundschule nun doch stadtauswärts an der Löbauer Straße ihren Standort bekommen soll, statt innerstädtisch nahe dem neuen Bahnhof. Künftige Erschließungen für den Wohnungsbau in der Stadt scheinen auch noch nicht spruchreif zu sein.

Dem gegenüber nimmt sich eine Fußgängerbrücke über die Spree recht belanglos aus. Unter Zeitdruck stehen solche Überlegungen gleich gar nicht. Etwas finanziellen und organisatorischen Aufwand für einen Bürgerentscheid kann sich die Stadtverwaltung zudem ersparen, wenn dieser zur Bundestagswahl 2021 stattfindet. Eventuell auch mit der nächsten Oberbürgermeister-Wahl. Kurz gesagt: Das gesamte Projekt sollte besser um einige Jahre aufgeschoben werden.

Hierzu passt ganz gut dieser Vierzeiler des deutschen Schriftstellers Rudolf Presber (1886 – 1935):  „So manchem schwindet das Vertrauen, der nüchtern euer Tun ermißt; er sieht euch immer Brücken bauen, wo weit und breit kein Wasser ist.“

Hans-Georg Prause 

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