Im Gespräch mit Caren Lay (Die Linke)

Caren Lay ist seit Oktober 2009 Mitglied des Deutschen Bundestages und verbraucherpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. Foto: Pressebild Caren Lay Sehr geehrte Frau Lay die aktuelle Flüchtlingssituation spaltet Deutschland...

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Caren Lay ist seit Oktober 2009 Mitglied des Deutschen Bundestages und verbraucherpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. Foto: Pressebild Caren Lay

Sehr geehrte Frau Lay die aktuelle Flüchtlingssituation spaltet Deutschland in Pro und Contra. Das kann kein Dauerzustand sein, zumal Flüchtlinge auch 2016 nach Deutschland kommen. Welche Kompromissmöglichkeiten sehen Sie, um für alle Beteiligten eine Lösung zu finden?
Ich glaube nicht, dass dies eine Frage von Kompromissen zwischen sogenannten Asylgegnern und –befürwortern ist. Es geht um eine Frage von Menschlichkeit und ob wir uns an geltende internationale Bestimmungen wie die Genfer Flüchtlingskonvention halten. Menschen, die auf der Flucht vor Krieg, Hunger und Folter sind, brauchen unsere Unterstützung. Aufgabe für 2016 muss es sein, die Aufnahme besser zu organisieren, die Verfahren zu entbürokratisieren, die Unterbringung von Geflüchteten zu verbessern und ihre schnelle Integration zu fördern, anstatt Zeit zu verschwenden mit der
weltfremden Diskussion über „Obergrenzen“.
Ist es nicht sinnvoller, in den Krisengebieten den Menschen die Möglichkeit zu geben, für Deutschland Asyl zu beantragen? 1. erhalten dann nur die Asyl, die berechtigt sind. 2. aufgrund der geringeren Zahlen wären Kapazitäten frei, um eine gute Integration der Menschen überhaupt möglich zu machen. Stattdessen setzt man sie Schleusern, Schmugglern und der Gewalt auf dem Weg aus.

Die Möglichkeiten für eine legale Einreise zu schaffen, ist seit langem eine Forderung meiner Partei. Insofern wäre das ein richtiger Schritt. Ob die Anzahl der Geflüchteten dann deutlich sinkt, ist aber nicht sicher. Das wird erst passieren, wenn wir endlich die Fluchtursachen angehen. Ein wichtiger Schritt dazu wäre, wenn Deutschland endlich keine Waffen mehr in die Krisengebiete des Nahen Ostens liefern würde. Auch die ungerechte Handels- und Subventionspolitik schafft Armut, Konflikte und damit Fluchtursachen.

Das Landratsamt Bautzen veröffentlichte neulich die Ist- und Planzahlen 2016 für Flüchtlinge. Städte wie Bautzen und Hoyerswerda nehmen sehr viele auf. Einige Gemeinde überhaupt nicht. Wäre es nicht besser, den „Königsteiner Schlüssel“ im Landkreis Bautzen anzuwenden? Zumal jede Gemeinde dann besser planen kann.

Eine gerechte Verteilung im Landkreis wäre anzustreben. Ob der „Königsteiner Schlüssel“ dazu taugt, ist aber eher fraglich. Wir müssen die Kommunen ausreichend unterstützen, vor allem auch finanziell, damit sie Unterbringungsmöglichkeiten finden bzw. schaffen können. Und im Einzelfall auch mal Druck auf einzelne Kommunen, die bislang eine Unterbringung verweigern, ausüben oder noch besser: Anreize schaffen, doch geflüchtete Menschen aufzunehmen.

Der Landkreis investiert viel in die Unterbringungsmöglichkeiten. Jedoch „verschwinden“ immer wieder Flüchtlinge nach der Zuweisung und reisen meist in die deutschen Ballungszentren weiter. Warum kann man das nicht verhindern, um die negative demografische Entwicklung ist in der Oberlausitz aufzuhalten? Zumal hier die Mieten und Grundstückpreise gering sind.

Weil wir geflüchtete Menschen nicht zwangsunterbringen können oder wollen. Asyl ist kein Gefängnis. Die Menschen sollen sich aussuchen können, wo sie leben möchten und das ist in vielen Fällen in der Nähe von Verwandten und Bekannten. Und natürlich gelten auch für diese Menschen die selben Faktoren, die auch Deutsche vermehrt in die Ballungsräume ziehen. Wenn wir diesen Trend stoppen wollen, müssen wir die ländlichen Räume stärken und nicht abhängen. Das bedeutet in erster Linie mehr Arbeitsplätze für alle Menschen – auch in ländlichen Regionen. Die Attraktivität auch der Oberlausitz ist für Deutsche und Asylsuchende auf gleichem Weg zu erreichen.

Viele Menschen haben Ängste und Sorgen, wie sich Deutschland entwickeln wird. Können Sie das nachvollziehen? Welche positiven Erwartungen oder Ängste haben Sie ganz persönlich mit der Flüchtlingssituation?

Berechtigte Ängste und Sorgen gibt es, aber die haben nichts mit den Menschen zu tun, die aktuell nach Deutschland kommen: es sind Ängste oder Sorgen vor Arbeitslosigkeit, vor Altersarmut, Wohnungsnot oder generell vor einem sozialem Abstieg. Diese berechtigten Ängste haben ihre Ursache aber nicht in den Flüchtlingen, sondern in der Politik der Bundesregierung, die Millionen Menschen perspektivisch in Armutsfallen treibt und nur für wenige Superreiche Politik macht. Die teuersten Flüchtlinge sind nach wie vor unsere Steuerflüchtlinge. Deswegen gilt meine größte Sorge auch nicht der Flüchtlingssituation. Meine Sorge gilt der politischen Entwicklung in diesem Land, die mehr und mehr wieder Sündenböcke in den Flüchtlingen findet, anstatt die wirklichen Probleme dieses Landes anzugehen.

Vielen Dank für  das Gespräch.

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